Bei Autorenlesungen erleben Autor und Zuhörer gemeinsam eine Geschichte.
Ich schicke es gleich vorweg: Dieser Beitrag ist subjektiv. Keine wissenschaftlichen Grundsätze, Ergebnisse oder Regelmäßigkeiten. Kein So geht es oder so geht es nicht.
Ich mache sehr gerne Lesungen.
Ob alleine oder mit der Autorengruppe – ich freue mich auf jedes Event und sei es noch klein. Ich lese für einen Gast oder für fünfzig. (Und beides hatte ich schon.)
Ich mag diese Stunde vor dem Beginn der Lesung, wenn ich durch den Raum gehe. Seine Atmosphäre erspüre, die Akustik und den besten Platz für die Buchpräsentation aussuche. Wenn ich meine Schätze aus den Transportkartons nehmen und einladend auslegen kann. Wenn die Gläser für das Getränk zwischendurch auf Hochglanz poliert im Licht funkeln. Wenn in glitzerndes Papier gewickelte Schokolade weiteren Glanz versprüht.
Ich will verführen – die Sinne ansprechen.
Meine Gäste sollen sich wohlfühlen. Es soll Ihnen an nichts mangeln. Weder sollen sie frieren noch schwitzen, nicht dürsten und nicht hungern. Und selbstverständlich sollen sie es bequem haben. Sind ausreichend Sitzmöbel da? Oder beim Steh-Event: Hat jeder die Möglichkeit, ein Glas in der Nähe abzustellen? Die Tasche abzulegen, den Mantel, die Jacke?
All diese Kleinigkeiten tragen zum Gelingen der Lesung bei – lange, bevor der erste Zuhörer den Lesungsraum betreten hat. Und sie lassen sich meist im Vorfeld absprechen mit dem Gastgeber, dem Hausherren oder dem Organisator.
Ich begrüße meine Gäste gerne schon beim Hereinkommen.
Nicht überfallartig, aber mit einem freundlichen Lächeln, einem kurzen “Willkommen”. Ich sehe sie ihren Platz einnehmen und mache mir ein erste Bild von ihnen und ihren Erwartungen an mich als vorlesende Autorin. Was hat sie wohl veranlasst, zu meiner Buchvorstellung oder Lesung zu kommen? War es der freundliche Pressebericht? Eine Empfehlung? Kennen wir uns?
Warming up – gemeinsam plaudern.
Es ist ein Herantasten an das jeweilige Gegenüber. Wie ist diese Autorin? Wie ist mein Publikum? Liegen wir auf einer Wellenlänge? Welche Erwartungen oder Vorstellungen haben meine Gäste?
Mehr als einmal habe ich auf Lesungen schon Menschen ein paar Minuten vor dem Ende gehen sehen. Und manchmal nur deswegen, weil sie dachten, wer bis zum Ende bleibt, muss auch ein Buch kaufen. Weil man das eben so macht. Halt der Klassiker: Man kann doch nicht … wo die Frau sich da soviel Arbeit …”
Niemand muss ein Buch kaufen, nur weil er auf einer Lesung war.
Ein Büchertisch und die Erwähnung der Möglichkeit des Erwerbs von – womöglich auch noch – signierten Exemplaren ist ein freundliches Angebot. Ich bin weder berühmt noch werden meine Bücher von einem besonders bekannten Verlag verlegt. Ich muss einfach selbst darauf hinweisen mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln. Wenn ich möchte, dass jemand meine Bücher liest!. Das erwartet im Übrigen auch mein Verlag von mir.
Trotzdem: Wer erst einmal eine Nacht darüber schlafen will … warum nicht? Wer das Buch dann vielleicht lieber im Internet kauft – in diesem Fall gerne beim Verlag direkt – oder beim Buchhändler seines Vertrauen – selbstverständlich! Ich kenne das mit den Fehlkäufen aus einer besonderen Stimmung heraus. Hinterher liegen die Sachen ganz hinten im Schrank. Und ehrlich:
Dieses Schicksal wünsche ich meinen Büchern nicht.
Wenn schon, dann bitte ganz nach vorne ins Regal!
Im Übrigen gestehe ich ein, ist es schon ein besonderes Gefühl, wenn ich meinen Namen in ein Buch schreiben darf, das ich selbst geschrieben habe. Deswegen bemühe ich mich, jedem eine individuelle Widmung ins Buch zu schreiben, auch wenn das auf einer größeren Lesung nicht immer machbar und umsetzbar ist.
Für den Liebesroman Auch Schmetterlinge können sterben habe ich jede Menge Aphorismen und Zitate zur Liebe und Ehe herausgesucht. Wenn die Frauen (es sind meistens Frauen, die den Liebesroman kaufen) mir bekannt waren, habe ich zusätzlich noch ein bisschen geguckt, ob der Spruch auch passt.
Nun aber wieder zurück zur eigentlichen Lesung und dem gemeinsamen Erleben
Abgesehen vom Wohlfühlen und Kennenlernen ist das Vorlesen natürlich das Wichtigste an einer solchen Veranstaltung. Die besten Rahmenbedingungen helfen nichts, wenn das Vorlesen zu einem monotonen und langweiligen Vortrag verkümmert.
Welche Passagen ich lese, ist vorher von mir festgelegt – spannende Passagen, interessante Momente im Leben meiner Protagonisten, meines Erachtens nach besonders gelungene Be- oder Umschreibungen … die Auswahl ist subjektiv. sie hat natürlich das Ziel, auf die ganze Geschichte neugierig zu machen und im besten Fall einen Kaufanreiz zu bieten. Ich verrate also weder den Mörder noch die Lösung des Dramas oder den Drahtzieher …
Manchmal stelle ich die Textauswahl allerdings auch spontan um.
Oft, wenn ich mein Publikum vorher etwas genauer kennenlernen konnte und irgendwie spüre – es ist so aus dem Bauch heraus – dass dieses oder jenes hier und heut nicht funktionieren wird. Die ausgewählten Passagen sind wie kleine Lichtblitze, die kurz das ganze Buch bestrahlen. Wenn sie aber in diesem Moment ein falsches Licht werfen, dann ist das nicht gut.
Natürlich sollte man als Autor seinen Text kennen.
Gut kennen! Manchmal liest man ja auch einen älteren Text und mir selbst passiert es durchaus im Rahmen der Vorbereitungen, dass ich denke: “Echt? Das hab ich geschrieben? Worum geht’s denn eigentlich im Detail?” Ich empfinde es als unangenehm, wenn ich den Text mit dem Versprechen auf Abenteuer ankündigt habe und dann beim Lesen feststellen muss, dass es hier eigentlich um Selbstfindung geht – nur so als Beispiel.
Flüssig und lebhaft lesen ist etwas Wunderbares.
Aber es ist nicht jedem in die Wiege gelegt. Und oft sind es gerade die begnadetsten Schreiber, die sich schwertun. Da hilft dann nur üben, üben, üben oder jemand anders lesen lassen. Dass man sich damit in guter Gesellschaft befindet und keine Einzelfall ist, belegt unterhaltsam der Artikel in der NZZ.
Ich persönlich versuche immer, die Stimmung der gelesenen Passage oder Geschichte tonal und mit ein bisschen Gestik lebendig zu gestalten. Aus diesem Grund lese auch nur sehr ungern sitzend. Am liebsten stehe ich vor dem Publikum, lasse gerne auch mal den Blick durch die Reihen gleiten und nehme die Reaktionen auf. Für mich ist das auch immer ein Moment der Interaktion mit meinen Zuhörern . In ihren Gesichter sehe ich, ob sie mir folgen, ob die Geschichte sie mitnimmt oder ob ich am besten sofort einen anderen Ton anschlagen sollte. Die Tatsache, dass ich jahrelang in einer Laienspielgruppe aktiv auf den Brettern der Ortsbühne gestanden habe, gereicht mir dabei zum Vorteil.
Für alle, die nicht Theater spielen, gibt es die Möglichkeit, ein Sprechtraining zu machen. Oder einen Rhetorikkurs in der Volkhochschule. Der kostet relativ wenig, bringen aber viel. Das sind nur zwei von sicherlich noch vielen Möglichkeiten.
Wer sich traut, kann im Anschluss an seine Lesung auch mal das Publikum fragen. Da gibt es so manchen hilfreichen Hinweis, an dem zu arbeiten sich sicherlich lohnt. Oder einen Autorenkollegen, den Veranstalter oder, oder, oder …
Gibt es noch andere hilfreiche Tipps rund um das Thema Lesung?
Vielleicht ein besonderer Tee zur Nervenberuhigung? Oder ein Mantra? Ich freue mich auf viele weitere Ideen und Tipps von euch und Ihnen in den Kommentaren.
Info zum Ende: Die Bilder für diesen Beitrag habe ich vor meiner Lesung im Antiquariat Taberna Libraria in Bad Kreuznach gemacht. Das Bild mit der Prinzessin und dem Frosch gehört nicht zur aktuellen Kunst-Ausstellung. Das sind die gerahmten Originale der Illustrationen zu meinem Märchenbuch “Lesen und Lauschen – Märchenhaftes”.
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2 Kommentare zu “Autorenlesung – Geschichten gemeinsam erleben”