Eigentlich noch gar nicht lange her. Ende 2017 habe ich meine Zertifizierung als Übersetzerin für Leichte Sprache bekommen. Trotzdem war ich kürzlich (und freiwillig) noch einmal auf einem Grundseminar zur Leichten Sprache. Dieses Mal im Zentrum für Leichte Sprache der Lebenshilfe in Mainz – Landesverband Rheinland-Pfalz e.V. (Link am Ende des Beitrags)
8 Teilnehmer und Teilnehmerinnen wollten erste oder weitere Schritte in Richtung Texterstellungin Leichter Sprache machen.
Hallo – ich bin … Vorstellungsrunde
Meine Über-mich-Seite aus dem Zertifizierungskurs 2017
Wie jedes Seminar – alles beginnt mit der Vorstellungsrunde. Und bitte gleich mal etwas leichter als gewohnt. Rein ins Thema von Anfang an also. Dabei wurde schnell deutlich: Was so leicht aussieht, ist für alle – und ich nehme mich da gar nicht aus, weil es jedes Mal wieder eine Herausforderung ist, im Hirn “umzuschalten” – doch irgendwie schwierig. Vielleicht deswegen, weil beinahe jeder von uns in der Schule mal irgendwann gelernt hat: Nur der Esel nennt sich immer zuerst. Und jetzt soll es plötzlich heißen:
Hallo, ich bin Martina.
Ich komme aus Hackenheim.
Und ich schreibe gerne Geschichten.
Ich möchte Leichte Sprache lernen …
Das klingt einfach nicht gut. Hat nichts mit dem zutun, was Leser und Schreiber im Allgemeinen als schön, klangvoll und guten Stil empfinden. Kein Wunder, dass sich einer breiten Leserschaft die Nackenhaare sträuben.
Aber es gibt eben auch noch die “anderen” Leser. Die, die mit kognitiven, körperlichen oder sprachlichen Einschränkungen leben. Die aber trotzdem ein Recht auf Informationen und Interesse an Informationen haben.
Lesen ist eine Kulturtechnik
Lesen ist per Definition “das Erfassen von Geschriebenem – also Text – zusammen mit dem Verstehen dessen, was da geschrieben steht. Buchstaben müssen erkannt werden, ebenso wie ihre Kombination als Wort. Und dann müssen auch alle in einer Reihe stehenden Wörter als Satz erkannt und letztlich der dahintersteckende Sinn verstanden werden.
Ein Können, das wir von Kindesbeinen an geübt und im Laufe der Jahre perfektioniert haben. Selbst diejenigen, die keine Leseratten sind und sich mittlerweile lieber ein Hörbuch gönnen oder das Lesen auf ein Minimum oder berufliche Lektüre beschränken.
Viele Informationen werden erlesen
Ob leseverrückt oder Lesemuffel – “ganz nebenbei und selbstverständlich” orientieren wir uns an und mithilfe von Geschriebenem: Speisekarten, Zugfahrpläne, Hinweisschilder, Werbebotschaften. Das Memo vom Chef, der Aushang am Schwarzen Brett.
Privat – beruflich – in der Bildung – in der Freizeit – Lesen können ist wichtig und wesentlich. Frei nach dem Motto: Ich weiß nicht alles, aber ich weiß, wo es geschrieben steht.
Bedienungsanleitungen -meist kaum verständlich (Foto Pixabay)
Eigene Ideen entwickeln
Ideen, wie sich Leichte Sprache in den persönlichen und allgemeinen (Arbeits-)Alltag integrieren lässt – das war, und damit komme ich wieder zum Seminar zurück, eines der erklärten Ziele des Kurses. Und das kam locker und leicht rüber. Die Dozentin war entspannt – kaum ein Muss und ganz viel Kann.
Erst einmal wurden alle wesentlichen Regeln der Leichten Sprache besprochen, ab und zu auch zur Diskussion gestellt und von Fall zu Fall intensiv erläutert. Manchmal muss man eben erst hinter die Kulissen blicken, um zu verstehen, warum manches einfach so ist, wie es ist.
Welchen Leser möchte ich ansprechen?
In einer anschließenden Übungsphase galt es, unterschiedliche Texte und Textformen zu übersetzen und dann im Plenum vorzustellen. In den Kleingruppen wurde viel diskutiert. Ist es so “leichter? Oder so? Wie gestaltet man einen Text voller Rückblenden chronologisch? Wie viel “Sprachbild” ist noch erlaubt?
Im Verlauf des Tuns wurde dabei immer deutlicher, wie wichtig das Nachdenken über den potenziellen Leser ist:
Wie hoch ist seine Lesekompetenz?
Was sind seine Einschränkungen?
Was erwartet er oder erhofft er sich von dem Text?
Von der Bedienungsanleitung bis zur Informationsbroschüre
Fragen lassen sich auch in Leichter Sprache ausreichend beantworten ( Foto Pixabay)
Wir haben alles übersetzt 🙂 – mit Feuereifer und mit Spaß an der Freude. Spannend war später dazu der Vergleich mit bereits vorliegenden Übersetzungen zu “unseren” Texten. Wo hat Übersetzer 1 den Fokus gehabt, wo die Gruppe? Weil er vielleicht eine andere Leserschaft vor Augen hatte: Senioren, ausländische Leser … so, wie auch jeder Einzelne von uns im ersten Schritt ganz selbstverständlich zuerst einmal die Kunden oder Klienten aus dem eigenen Unternehmen vor Augen hatte.
Übersetzen in Leichte Sprache ist nicht eine Wort-zu-Wort-Übersetzung (im Vergleich dazu, wie man gelernt hat, einen Text von einer Sprache in die andere zu übersetzen. Die Leichte-Sprache-Übersetzung ist nah am Inhalt und leicht in der Sprache. Der Übersetzer muss bei jeder Passage entscheiden ( in Absprache mit dem Autor), ob und wie wichtig sie ist; was noch einmal erklärt werden muss; was “Füllmaterial” ist und der Sache hier nicht zwingend dienlich. Eine Menge Verantwortung!
Nichts geht ohne Prüfer
Leichte Sprache ist, wenn es die Menschen, für die der Text geschrieben wurde, ihn am Ende auch wirklich verstehen. Wenn sie dort die Informationenfinden, die sie gesucht haben oder die Unterhaltung, die sie sich gewünscht haben.
Unsere Texte wurden deswegen sehr genau unter anderem von Frau Beate Macher geprüft. Sie arbeitet bei den Lebenshilfe-Werken in Trier und war von dort extra für unser Seminar angereist. Zusammen mit einem Kollegen aus Mainz prüfte sie aber nicht nur unsere Texte auf Verständlichkeit, sondern stand uns auch für viele Fragen geduldig Rede und Antwort.
Fazit zum Seminar
Obwohl ich sicherlich ganz gut im Thema bin, konnte ich aus diesem Seminar viel für mich und meine Arbeit mitnehmen. Zum einen habe ich weiter an Sicherheit gewonnen im Umgang mit Regel und Anwendungen. Ich habe vom Lea-Leseclub erfahren und wirklich gute Bücher in Leichter Sprache entdeckt. (Infos dazu auch auf der Seite vom Zentrum für Leichte Sprache in Mainz – Link am Ende des Beitrags). Die Arbeit mit den Prüfern war eine wirkliche Bereicherung für mein Schreiben in Leichter Sprache, denn der direkte Austausch ist eine ganz andere Sache als permanente Spekulation und das Hoffen auf “Es wird schon gut und leicht genug sein.” Ohne das zeitweilige Reflektieren und Besprechen mit den Leser direkt drehe ich mich mit der Zeit zu sehr um die eigene Achse und werden die eigenen Interpretationen zum Maß der Dinge.
Zusammen mit der guten Erfahrung , die ich mit diesem Seminar gemacht habe, ist das Grund genug, mich bei passender Gelegenheit erneut zu einem Basiskurs oder einer vergleichbaren Angebot anzumelden. Danke an alle, die dafür gesorgt haben, dass diese beiden Tage so erfolgreich, gehaltvoll, interessant und nicht eine Minute lang langweilig waren.
Zentrum für Leichte Sprache in Mainz
Eigentlich noch gar nicht lange her. Ende 2017 habe ich meine Zertifizierung als Übersetzerin für Leichte Sprache bekommen. Trotzdem war ich kürzlich (und freiwillig) noch einmal auf einem Grundseminar zur Leichten Sprache. Dieses Mal im Zentrum für Leichte Sprache der Lebenshilfe in Mainz – Landesverband Rheinland-Pfalz e.V. (Link am Ende des Beitrags)
8 Teilnehmer und Teilnehmerinnen wollten erste oder weitere Schritte in Richtung Texterstellung in Leichter Sprache machen.
Hallo – ich bin … Vorstellungsrunde
Wie jedes Seminar – alles beginnt mit der Vorstellungsrunde. Und bitte gleich mal etwas leichter als gewohnt. Rein ins Thema von Anfang an also. Dabei wurde schnell deutlich: Was so leicht aussieht, ist für alle – und ich nehme mich da gar nicht aus, weil es jedes Mal wieder eine Herausforderung ist, im Hirn “umzuschalten” – doch irgendwie schwierig. Vielleicht deswegen, weil beinahe jeder von uns in der Schule mal irgendwann gelernt hat: Nur der Esel nennt sich immer zuerst. Und jetzt soll es plötzlich heißen:
Das klingt einfach nicht gut. Hat nichts mit dem zutun, was Leser und Schreiber im Allgemeinen als schön, klangvoll und guten Stil empfinden. Kein Wunder, dass sich einer breiten Leserschaft die Nackenhaare sträuben.
Aber es gibt eben auch noch die “anderen” Leser. Die, die mit kognitiven, körperlichen oder sprachlichen Einschränkungen leben. Die aber trotzdem ein Recht auf Informationen und Interesse an Informationen haben.
Lesen ist eine Kulturtechnik
Lesen ist per Definition “das Erfassen von Geschriebenem – also Text – zusammen mit dem Verstehen dessen, was da geschrieben steht. Buchstaben müssen erkannt werden, ebenso wie ihre Kombination als Wort. Und dann müssen auch alle in einer Reihe stehenden Wörter als Satz erkannt und letztlich der dahintersteckende Sinn verstanden werden.
Ein Können, das wir von Kindesbeinen an geübt und im Laufe der Jahre perfektioniert haben. Selbst diejenigen, die keine Leseratten sind und sich mittlerweile lieber ein Hörbuch gönnen oder das Lesen auf ein Minimum oder berufliche Lektüre beschränken.
Viele Informationen werden erlesen
Ob leseverrückt oder Lesemuffel – “ganz nebenbei und selbstverständlich” orientieren wir uns an und mithilfe von Geschriebenem: Speisekarten, Zugfahrpläne, Hinweisschilder, Werbebotschaften. Das Memo vom Chef, der Aushang am Schwarzen Brett.
Privat – beruflich – in der Bildung – in der Freizeit – Lesen können ist wichtig und wesentlich. Frei nach dem Motto: Ich weiß nicht alles, aber ich weiß, wo es geschrieben steht.
Eigene Ideen entwickeln
Ideen, wie sich Leichte Sprache in den persönlichen und allgemeinen (Arbeits-)Alltag integrieren lässt – das war, und damit komme ich wieder zum Seminar zurück, eines der erklärten Ziele des Kurses. Und das kam locker und leicht rüber. Die Dozentin war entspannt – kaum ein Muss und ganz viel Kann.
Erst einmal wurden alle wesentlichen Regeln der Leichten Sprache besprochen, ab und zu auch zur Diskussion gestellt und von Fall zu Fall intensiv erläutert. Manchmal muss man eben erst hinter die Kulissen blicken, um zu verstehen, warum manches einfach so ist, wie es ist.
Welchen Leser möchte ich ansprechen?
In einer anschließenden Übungsphase galt es, unterschiedliche Texte und Textformen zu übersetzen und dann im Plenum vorzustellen. In den Kleingruppen wurde viel diskutiert. Ist es so “leichter? Oder so? Wie gestaltet man einen Text voller Rückblenden chronologisch? Wie viel “Sprachbild” ist noch erlaubt?
Im Verlauf des Tuns wurde dabei immer deutlicher, wie wichtig das Nachdenken über den potenziellen Leser ist:
Von der Bedienungsanleitung bis zur Informationsbroschüre
Wir haben alles übersetzt 🙂 – mit Feuereifer und mit Spaß an der Freude. Spannend war später dazu der Vergleich mit bereits vorliegenden Übersetzungen zu “unseren” Texten. Wo hat Übersetzer 1 den Fokus gehabt, wo die Gruppe? Weil er vielleicht eine andere Leserschaft vor Augen hatte: Senioren, ausländische Leser … so, wie auch jeder Einzelne von uns im ersten Schritt ganz selbstverständlich zuerst einmal die Kunden oder Klienten aus dem eigenen Unternehmen vor Augen hatte.
Übersetzen in Leichte Sprache ist nicht eine Wort-zu-Wort-Übersetzung (im Vergleich dazu, wie man gelernt hat, einen Text von einer Sprache in die andere zu übersetzen. Die Leichte-Sprache-Übersetzung ist nah am Inhalt und leicht in der Sprache. Der Übersetzer muss bei jeder Passage entscheiden ( in Absprache mit dem Autor), ob und wie wichtig sie ist; was noch einmal erklärt werden muss; was “Füllmaterial” ist und der Sache hier nicht zwingend dienlich. Eine Menge Verantwortung!
Nichts geht ohne Prüfer
Leichte Sprache ist, wenn es die Menschen, für die der Text geschrieben wurde, ihn am Ende auch wirklich verstehen. Wenn sie dort die Informationen finden, die sie gesucht haben oder die Unterhaltung, die sie sich gewünscht haben.
Unsere Texte wurden deswegen sehr genau unter anderem von Frau Beate Macher geprüft. Sie arbeitet bei den Lebenshilfe-Werken in Trier und war von dort extra für unser Seminar angereist. Zusammen mit einem Kollegen aus Mainz prüfte sie aber nicht nur unsere Texte auf Verständlichkeit, sondern stand uns auch für viele Fragen geduldig Rede und Antwort.
Fazit zum Seminar
Obwohl ich sicherlich ganz gut im Thema bin, konnte ich aus diesem Seminar viel für mich und meine Arbeit mitnehmen. Zum einen habe ich weiter an Sicherheit gewonnen im Umgang mit Regel und Anwendungen. Ich habe vom Lea-Leseclub erfahren und wirklich gute Bücher in Leichter Sprache entdeckt. (Infos dazu auch auf der Seite vom Zentrum für Leichte Sprache in Mainz – Link am Ende des Beitrags). Die Arbeit mit den Prüfern war eine wirkliche Bereicherung für mein Schreiben in Leichter Sprache, denn der direkte Austausch ist eine ganz andere Sache als permanente Spekulation und das Hoffen auf “Es wird schon gut und leicht genug sein.” Ohne das zeitweilige Reflektieren und Besprechen mit den Leser direkt drehe ich mich mit der Zeit zu sehr um die eigene Achse und werden die eigenen Interpretationen zum Maß der Dinge.
Zusammen mit der guten Erfahrung , die ich mit diesem Seminar gemacht habe, ist das Grund genug, mich bei passender Gelegenheit erneut zu einem Basiskurs oder einer vergleichbaren Angebot anzumelden. Danke an alle, die dafür gesorgt haben, dass diese beiden Tage so erfolgreich, gehaltvoll, interessant und nicht eine Minute lang langweilig waren.
Detaillierte Informationen zum Zentrum für Leichte Sprache der Lebenshilfe Mainz – Landesverband Rheinland-Pfalz e.V.
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