Heute darf ich nicht nur meinen 4. Weihnachtsfreudenspender präsentieren, sondern auch Anjas Beertys. Der Beerty ist nicht nur zur Weihnachtszeit eine Freude, sondern ein Ganz-Jahres-Freuden-Spender und hat schon viele Freunde und Menschen gefunden, die ihm ein Zuhause geben.
Sags leicht – Anja Bohr bei BeraTina
Anja lebt ebenfalls in Bad Kreuznach und das erste Mal habe ich von ihr in einem der städtischen Wochenblätter gelesen. Damals erzählte sie von Leichter Sprache. Es war der Moment, da mich dieser “Virus” auch infizierte. Ich beschäftigte mich zunehmend mit dem Thema und irgendwann suchte ich dann auch über Social Media den Kontakt zu Anja.
Anja war davor bereits in die “Gebärdensprache” eingestiegen, ein Thema, mit dem ich mich seit Kurzem, aber völlig ohne den Druck, da wirklich etwas erreichen zu müssen, auch beschäftige. Anja ist Mitglied im Gehörlosenverein Bad Kreuznach und gab bereits in Form einer AG Gebärden-Unterricht an einer Grundschule.
Auf Weihnachten freue ich mich sehr!
BeraTina: Hallo Anja, herzlichen Dank, dass du meiner Bitte zum Interview gefolgt bist. Wir stehen jetzt mitten in der Adventszeit und ich bin einfach der Meinung, du und deine beertys passen hervorragend hierher ins BeraTina-Weihnachtsspezial. Auch an dich erst einmal die Frage: Weinachtsfreundin oder Weihnachtsmuffel?
Anja: Liebe Martina. Erst einmal möchte ich dir für dieses Interview danken. ☺️
BeraTina: Gerne – ich finde es spannend, mehr von den Menschen zu erfahren, die mir virtuell und “in echt” über den Weg laufen. Und … Nein, halt! Es geht hier und heute nicht um mich.
Anja: (lacht) Nun, früher mochte ich Weihnachten nicht sonderlich. Ich habe mich immer vom Stress und der Hektik vor den Festtagen anstecken lassen. An Weihnachten selber war ich dann meistens so kaputt, dass ich es nicht wirklich genießen konnte.
Heute ist das zum Glück anders! Ich bin ruhiger geworden, lasse mich vom Tempo der modernen Zeit nicht mehr so mitziehen. Meine erworbene Gelassenheit wirkt sich so nicht nur positiv auf die Weihnachtszeit, sondern auch auf das restliche Jahr aus. Kurzum, ich freu mich sehr auf Weihnachten!
BeraTina: Weihnachten: Es leuchtet und glitzert überall. Menschen dekorieren ihre Wohnungen und Häuser. Familien-Traditionen werden wieder hervorgekramt und liebevoll gepflegt. Die Leute hören besondere Musik und genießen Gebäck und gutes Essen.
Wie zelebrierst du die Weihnachtszeit und das Fest?
Magst du Weihnachtsmärkte?
Gehst du in Weihnachtskonzerte oder genießt du einfach ab und zu bei einer schönen Tasse Tee?
Anja: Ich liebe Kerzen, gerade in der kalten und grauen Jahreszeit. Auf meiner Couch mit einer Tasse Kaffee, Plätzchen und einem guten Buch, eingemummelt in eine Decke … Herrlich!
Natürlich besuche ich auch mal einen Weihnachtsmarkt. Gerade in der Weihnachtszeit mag ich zudem den Besuch eines Kirchenkonzertes, obwohl ich sonst eher nicht so der Kirchgänger bin.
BeraTina: Du bist Übersetzerin für Leichte Sprache und Gebärden-Sprach-Dolmetscherin. Außerdem hast du den beerty erfunden. Kannst du ein bisschen über diesen Weg erzählen?
Wie wurde der Beerty geboren?
Und was gibt Beerty dir und anderen?
Anja: An dieser Stelle muss ich etwas korrigieren. Ich bin keine Gebärden-Sprach-Dolmetscherin. Dafür bedarf es einem Studium, welches ich jedoch nicht absolviert habe. Seit vier Jahren lerne ich die Deutsche Gebärdensprache, kurz DGS. Meine Dozentin ist selbst gehörlos und die beste Lehrerin, welche ich mir vorstellen kann.
Durch meinen erworbenen Sprachschatz bin ich in der Lage, zwischen Hörenden und Gehörlosen eine sprachliche Brücke zu bilden. Ich unterstütze Gehörlose beispielsweise bei Behördengängen oder Schriftverkehr, begleite zu Elternabenden oder Feierlichkeiten. Dort, wo keine Kosten für einen Dolmetscher übernommen werden komme ich ins Spiel. Ich bezeichne mich daher selber als Sprachassistenz für Gebärdensprache, eine der schönsten Sprachen der Welt .
Im Juli 2016 habe ich in Augsburg noch zusätzlich eine Weiterbildung zur Übersetzerin für Leichte Sprache absolviert. In meinem Beruf, ich arbeite hauptberuflich bei der Stadtverwaltung Bad Kreuznach, sowie im Umgang mit den Gehörlosen, ist die Leichte Sprache ein tolles Hilfsmittel und hilft zu verstehen und verstanden zu werden.
Der beerty ist mein besonderes Baby.
Die Idee, ihn zu entwickeln, hatte ich im Sommer 2017. Eigentlich war es eher eine Eingebung. Ich saß auf meiner Terrasse mit einem Kaffee in der Hand und genoss das schöne Wetter. Da hatte ich diesen Geistesblitz: „Mach Teddys mit Behinderungen für Menschen mit Beeinträchtigungen!“
Ich war einerseits verwirrt, andererseits von dieser Idee total begeistert. Es stellten sich mir im gleichen Moment viele Fragen. Wie soll das funktionieren? Wird meine Idee bei den Adressaten auf Ablehnung stoßen?
Wie setze ich meine Ideen um?
Ich machte mich sofort ans Werk. Ich recherchierte im Internet, ob es diese Art von Kuscheltieren in Deutschland schon gab und das Ergebnis war ernüchternd, aber auch irgendwie nicht anders zu erwarten: Teddys oder Kuscheltiere mit individuellen Behinderungen gab es nicht. Am Abend erzählte ich voller Begeisterung meinem Mann von der Idee, Teddys mit Behinderungen zu fertigen. Er schaute mich anfänglich etwas ungläubig an und fragte mich nach dem Sinn solcher Kuscheltiere.
Individuell nach Kundenwunsch hergestellt
„Die Teddys werden ganz individuell nach Kundenwunsch hergestellt und haben die gleiche Beeinträchtigung wie der neue Besitzer oder die neue Besitzerin. Den Kindern und Erwachsenen fällt es leichter, sich mit der eigenen Behinderung zu identifizieren, wenn der Teddy die gleiche hat!“, sagte ich. Seitdem fertige ich meine beertys mit großer Freude und wachsender Fangemeinde! Und mittlerweile gibt es auch den “Pfundi” – ein Gewichts-beerty als Unterstützer in der Therapie.
Die Idee ist urheberrechtlich geschützt.
Seit ein paar Monaten ist dieser Schutz auch auf zwanzig verschiedene Designs der beertys ausgeweitet. Der Name <beerty> ist mittlerweile ebenfalls geschützt.
BeraTina: Zwischenfrage! Warum gerade beerty? Gibt es einen “Patenonkel” namens Bertram oder ähnlich?
Anja: Nein, kein Patenonkel. Der Name <beerty> steht für BEhinderungERinnerungsTeddY.
BeraTina: Wie lange arbeitest du an einem beerty? Und aus wie vielen Einzelteilen setzt er sich zusammen? Kann ich mir einen beerty wünschen?
Anja: Ich benötige ca. 1-2 Tage, um einen beerty herzustellen. Art und Umfang sind natürlich auch entscheidend. Im Vorfeld bespreche ich mit dem Auftraggeber alle Details und gehe gerne auch auf spezielle Wünsche ein. Meistens sind dann noch zeitintensive Recherchen zur Art der Beeinträchtigung notwendig. Es soll ja wirklich alles möglichst genau sein.
Aus wie vielen Einzelteilen ein beerty besteht, kann ich nicht pauschal sagen: Der Rohling, der befüllt wird, ist die Basis. Aber dann bekommt der eine ein Hörgerät, der andere vielleicht zwei. Wieder ein anderer trägt Orthesen, hat aber eventuell auch nur einen Arm. Wie du siehst, liebe Martina, jeder beerty ist so individuell wie sein neuer Besitzer oder die neue Besitzerin. Er ist immer ein Unikat und wird speziell nach Kundenwunsch hergestellt.
BeraTina: Was gibt es für beerty-Pläne für 2019?
Anja: Ich bin ständig dabei, neue Ideen umzusetzen. Das mache ich nicht von einem Jahreswechsel abhängig.
BeraTina: Hast du einen Weihnachtsvers oder ähnliches, das du hier gerne mit den Leser*innen teilen möchtest?
Anja:
Ich möchte einfach noch einmal Danke sagen. Danke für dieses tolle Interview und das Interesse an meinen beertys. Danke für die stetig wachsende Fangemeinde der beertys. Danke für jedes Lächeln, das einer meiner beertys in euer Gesicht zaubert. Danke für jedes besondere Kind, das das Licht dieser Welt erblickt.
Ich wünsche allen ein wunderschönes Weihnachtsfest.
Möge unser Fokus auf den wirklich wichtigen Dingen des Lebens liegen. Wie schon der kleine Prinz sagte: Das Wesentliche sieht man mit dem Herzen!”
BeraTina: Gibt es noch etwas, das ich nachgefragt, das die Leser*innen aber unbedingt wissen sollten?
Anja: Es gibt Familien, die sich einen beerty nicht leisten können. Ich denke, jeder Mensch hat gleichermaßen das Recht auf einen individuellen beerty. Darum:
Sollte die Anschaffung eines beertys aus eigenen finanziellen Mitteln nicht möglich sein, kümmere ich mich um einen Sponsor. Das hat in der Vergangenheit immer sehr gut funktioniert. Hier an dieser Stelle noch einmal ein herzliches Dankeschön an jeden einzelnen Sponsoren. Nur mit eurer Hilfe kann der beerty wirklich jeden erreichen, der ihn benötigt – zuhause und in der Therapie. ❤️
BeraTina: Ich drück die Daumen, dass beerty seinen Ziegeszug fortführt. Herzlichen Dank für deine Zeit, deine Offenheit und die spürbare Begeisterung für das, was du tust.
Kontakt zu Anja und ihren beertys:
Außerdem telefonisch oder auch bei Anja zu Hause. Denn im persönlichen Gespräch lassen sich Details viel besser bereden, sagt Anja.
Auf der Inklusionsmesse in Mainz ist sie ebenso regelmäßig vertreten wie auf anderen Messen. Termine veröffentlicht sie auf ihrem Facebook-Profil.
Wer noch nach einem Weihnachtsgeschenk sucht oder Sponsor werden möchte: Für die beertys können Geschenkgutscheine erworben werden.
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2 Kommentare zu “Weihnachts-Interview: beertys für besondere Menschen”